Lebenslagen
Vormundschaft
2. Beginn der Vormundschaft
2.1. Bestellung eines Vormunds durch das Gericht
Das Gericht wird von Amts wegen aktiv, sobald Anlass besteht, die Bestellung eines Vormunds zu prüfen, insbesondere wenn bekannt ist, dass ein minderjähriges Kind nicht unter elterlicher Sorge steht oder – im Falle eines noch ungeborenen Kindes – stehen wird.
Bei der Auswahl und der Bestellung eines Vormundes achtet das Gericht stets auf das Wohl des minderjährigen Kindes.
Sollte der Minderjährige verheiratet sein, kommt an erster Stelle der Ehegatte für die Bestellung zum Vormund infrage.
Soweit eine letztwillige Verfügung (LL) (Testament, Erbvertrag) der verstorbenen Eltern vorhanden ist und darin eine Person oder ein Verein als Vormund benannt wurde, hat das Vormundschaftsgericht grundsätzlich die Wünsche der Eltern zu berücksichtigen. Sollten die Sorgeberechtigten verschiedene Vorschläge für einen Vormund hinterlassen haben, richtet sich das Vormundschaftsgericht nach den Wünschen des zuletzt verstorbenen Elternteils.
Ist kein Vormund in der letztwilligen Verfügung der Sorgeberechtigten benannt oder kann die benannte Person die Vormundschaft nicht übernehmen, wählt das Gericht einen geeigneten Vormund aus.
Unter mehreren geeigneten Personen wird der zukünftige Vormund nach folgenden Kriterien ausgewählt:
- mutmaßlicher Wille der Eltern
- persönliche Bindung zwischen Vormund und Mündel
- Verwandtschaftsverhältnis
- Religion des Mündels
Im Verfahren zur Bestellung des Vormundes (VB) werden die Verwandten, grundsätzlich der Mündel und das Jugendamt angehört. Wenn der Mündel das 14. Lebensjahr vollendet hat und nicht geschäftsunfähig ist, wird er in jedem Fall angehört.
Ist eine als Einzelvormund geeignete Person nicht vorhanden, kann auch ein Verein (LL) oder das Jugendamt (LL) zum Vormund bestellt werden.
Sofern keine besonderen Gründe dafür sprechen, mehrere Vormünder zu bestellen, wird das Gericht nur einen Vormund bestellen. Nach Möglichkeit erhalten Geschwister den gleichen Vormund.
Ein Ehepaar kann gemeinschaftlich zu Vormündern bestellt werden ("Mitvormundschaft"). Ansonsten können mehrere (Mit-)Vormünder nur bei Vorliegen besonderer Umstände bestellt werden (etwa wegen Umfang und Schwierigkeit der Vermögensverwaltung).
Der "Mitvormund" hat gegenüber dem Mündel die gleichen Rechte und Pflichten wie der andere Vormund. Die mehreren Vormünder führen die Vormundschaft dann grundsätzlich gemeinschaftlich, sofern nicht das Gericht die Führung der Vormundschaft nach Wirkungskreisen aufteilt. Dann führt jeder (Mit-)Vormund die Vormundschaft selbstständig.
Ein "Gegenvormund" hat hingegen nur bestimmte Kontroll- und Zustimmungsrechte und wird beispielsweise bestellt, wenn eine Trennung der Vormundschaft für die Person und das Vermögen im Interesse des Mündels ist.